Es war Liebe auf den ersten Blick. Als Hans Trieb 2008 den Milchviehbetrieb seiner Eltern übernahm und die Entscheidung getroffen hatte, auf Mutterkuhhaltung umzustellen, galt es, die passenden Tiere zu finden. Also fuhr er mit seiner Manuela zu einer Rinderausstellung, und da sprangen sie ihnen sofort ins Auge: Die weißen bis semmelfarbenen französischen Charolais-Rinder, die da am „Tag der Mutterkuh“ scheinbar unbeeindruckt von den Blicken der Landwirt:innen und Viehzüchter:innen ihre Runden drehten.
„Sie haben wirklich schön ausgeschaut“, erinnert sich Manuela 16 Jahre später, „aber uns hat vor allem ihre Ruhe und Gutmütigkeit imponiert.“ Heute tummeln sich bereits über 100 Rinder auf der Weide der Landwirtschaft in Passail, und das mittlerweile seit zwölf Jahren verheiratete Paar ist längst unter die Züchter:innen gegangen. Das schmackhafte Fleisch der Rinder liefern sie an eine große Handelskette, es wird aber auch ab Hof verkauft. Damit stieg natürlich auch das Arbeitspensum, und so traf Manuela, die derzeit noch hauptberuflich als Assistentin der Geschäftsführung in einem 4*Hotel arbeitet, eine mutige Entscheidung: „Die Frage war, ob ich in einem gut bezahlten Job angestellt bleibe oder daheim in der Landwirtschaft meinen Traum lebe.“ Sie entschied sich dafür künftig hundertprozentig ihren Traum zu leben: „Da steckt mein ganzes Herzblut drinnen, und dann kann man sich nicht nur dann drum kümmern, wenn gerade Zeit bleibt.“
„Wir haben an die 40 Kühe, drei Stiere, ein gutes Dutzend Schafe, Ziegen, vier Katzen – und die Mäuse habe ich noch nicht gezählt.“
Bewusstsein für Bio entwickelt
Die Landwirtschaft in Passail ist seit 2014 biozertifiziert, und Manuela macht in ihrer so erfrischend offenen Art kein Geheimnis daraus, dass das anfangs ganz pragmatische Gründe hatte: „Schon die Schwiegereltern hatten auf Chemie verzichtet, also mussten wir dafür nicht viel umstellen – und für einen Bio-Betrieb gab es mehr Fördermittel.“ Nach und nach rückte das finanzielle Motiv aber in den Hintergrund und wurde von einer tiefen Überzeugung abgelöst: „Wir wuchsen in Biodiversität und Kreislaufwirtschaft hinein und begannen ganz anders über dieses Thema zu denken“, erzählt Manuela. Eine Rolle spielten dabei auch die Kinder: „Wir wollen ihnen eine Welt bieten, die nachhaltig bewirtschaftet wird. Die große Welt können wir ja nicht ändern, aber die kleine, auf die wir Einfluss haben, sehr wohl. Und das machen wir.“
Dazu kam, dass die engagierte 35-Jährige im Zuge ihrer Landwirtschafts-Meisterausbildung jede Menge Dinge zu sehen bekam, die sie so für sich ganz sicher nicht wollte: „Wenn Böden überdüngt oder Tiere mit pelletiertem Fertigfutter vollgestopft wurden, war mir klar, dass das nicht mein Weg ist.“ So wurde biologisches und nachhaltiges Bewirtschaften für die junge Familie zunehmend zur Lebenseinstellung, und Manuela ist ein wenig stolz darauf, dass sich diese auch schon auf die inzwischen zwölf und elf Jahre alten Kinder Michael und Joanna übertragen hat: „Es ist schön zu sehen, wie kritisch die bei Lebensmitteln sind, wenn wir einkaufen gehen.“
„Die Welt kann ich nicht verändern, aber das, worauf ich einen Einfluss habe. Deshalb fange ich bei mir an und bei dem, was ich daheim habe.“
Mit Omas Know-how zur Bäckerin gereift
In manchen Bereichen ist die kleine, feine Bio-Landwirtschaft in Passail noch eine Art Startup. Manuela und Hans legten in diesem Jahr eine Streuobstwiese an – mit alten Sorten wie Ilzer Rosenapfel oder Maschanzker. Und auch wenn es noch ein paar Jahre dauern wird, ehe diese Wiese Früchte trägt, sieht sich Manuela in Gedanken bereits Apfelsäfte, edle Brände und Essige machen. Auch der Hofladen ist im Aufbau, und in dem will die junge Landwirtin „ganz viele Produkte von mir selbst“ anbieten. In ihrem Marktgarten gedeihen schon jetzt Erdäpfel, diverse Salatsorten, Tomaten, Rosenkohl, Stangensellerie, Karotten, Kürbis, Bohnen und Chinakohl. Vieles davon wird, zu köstlichem Chutney verarbeitet, bald im Hofladen zu finden sein. Wie natürlich auch das Fleisch der Charolais-Rinder, das Manuela für den Hofladen auch in Sugos einarbeiten will.
„Ich lebe mit dieser Landwirtschaft meinen Traum. Aber so etwa in zehn Jahren soll mein Sohn übernehmen, und ich will dann oben auf unserer Almhütte sein, rotes Kracherl ausschenken und Butterbrot verkaufen.“
Nicht fehlen wird auch selbstgebackenes Brot und Gebäck – sobald Manuela ihr eigenes Bio-Getreide hat. Denn das Brotbacken ist für sie auch zu einer Leidenschaft geworden: „Das hat mich die Oma während der Corona-Zeit gelehrt“, erzählt sie. Sie hat gemeinsam mit ihrem Hans viel vor in den nächsten Jahren, denn wenn Manuela in eine Sache ihr Herzblut investiert, ist sie nicht mehr zu bremsen. Das hindert sie aber nicht, auch bereits an ihren nächsten Traum zu denken, denn allzu lange will sie nicht damit warten, einmal an Sohn Michael zu übergeben.
Den hat das Landwirtschaftsvirus nämlich auch schon gepackt: „Er spielt am Computer Landwirtschaftssimulator und hat da sogar unseren Hof bis ins Detail nachgebaut“, verrät Manuela mit einem Schmunzeln. Die Weichen scheinen also gestellt, und das lässt wiederum die Mutter träumen: „Sobald er alt genug ist, soll er übernehmen. Und ich bin dann am Buchkogl auf unserer Alm und mache dort eine Ausschank.“ Man kann davon ausgehen, dass das genauso passieren wird. Denn wenn Manuela träumt, tut sie das mit großer Bodenhaftung. Das ist wohl die Voraussetzung dafür, Träume auch tatsächlich leben zu können.