6 Strategien zur Stärkung des Mikrobioms

Der Darm ist ein Alleskönner und beeinflusst auch unsere Stimmung. Doch in der industriellen Welt hat er es schwer.
von Eva Komarek
Mikrobiom
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„Die Gesundheit sitzt im Darm“ – das wusste schon der berühmte griechische Arzt Hippokrates. Wir sind Gastgeber:innen für Billionen winziger Lebewesen – Bakterien, Pilze und andere Mikroorganismen – die in uns und auf uns leben. Diese Mikroorganismen, insbesondere jene im Darm, sind entscheidend für unsere Gesundheit. Immer neue Studien zeigen, welche enorme Bedeutung das Mikrobiom für unsere physische und psychische Gesundheit hat. Wir sollten es also pfleglich behandeln. Doch wie genau können wir das tun? Die Antwort liegt – wie so oft – in unserem Lebensstil und besonders in unserer Ernährung.

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Das menschliche Mikrobiom unter dem Mikroskop.
Das menschliche Mikrobiom unter dem Mikroskop.

Die Vielfalt zählt

„Die Vielfalt der Mikroorganismen im Darm ist ein Schlüsselindikator für unsere Gesundheit. Eine geringe Diversität wird mit Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes und Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht“, sagt die Präventivmedizinerin Doris Eller-Berndl. Immer mehr Studien zeigen, dass Menschen mit einem vielfältigen Mikrobiom widerstandsfähiger gegen Entzündungen seien und eine bessere metabolische Gesundheit aufweisen​​ würden. „In unserer westlichen, industriellen Welt hat es der Darm schwer: Die Ernährung ist geprägt von Zucker, raffinierten Kohlenhydraten wie etwa Weißmehl, ungesunden Fetten, Alkohol und Zusatzstoffen, während die Ausbeute an Mikronährstoffen und Faserstoffen karg ist“, betont sie.

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Mikrobiom
Entscheidend für die Gesundheit ist die Vielfalt von Mikroorganismen im menschlichen Körper.

Professor Justin Sonnenburg, Professor für Mikrobiologie und Immunologie an der Universität Stanford und einer der führenden Experten auf diesem Gebiet, sieht das ähnlich. In seinen Publikationen weist er darauf hin, dass ein gestörtes Gleichgewicht des Mikrobioms aufgrund des modernen Lebensstils und des Mangels an einer natürlichen Umgebung nicht nur Auswirkungen auf unseren Metabolismus und das Immunsystem, sondern auch auf unsere Psyche habe. 

Der Darm als Stimmungsmacher

Eine wachsende Zahl von Studien zeigt, dass das Mikrobiom eng mit unserer Psyche verbunden ist. Über die sogenannte Darm-Hirn-Achse kommunizieren die Mikroorganismen des Darms mit dem Gehirn und beeinflussen unsere Stimmung, Konzentration und sogar unser Stresslevel. Eine 2024 veröffentlichte Meta-Analyse hebt hervor, dass bestimmte probiotische Stämme (z. B. Lactobacillus rhamnosus) positive Effekte auf Angst- und Depressionssymptome haben​. Zudem zeigen Studien, dass das Mikrobiom über den Vagusnerv Signale an das Gehirn sendet, die die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin anregen. 

Sechs Strategien für ein gesundes Mikrobiom

Industrielle Verarbeitung von Lebensmitteln, der Einsatz von Antibiotika und der Verlust von natürlichem Kontakt haben zu einer Dysbiose geführt. Die gute Nachricht: Mit gezielten Maßnahmen können wir unser Mikrobiom regenerieren. 

1. Fermentierte Lebensmittel: Die Stars der Mikrobiota

Lebensmittel wie Sauerkraut, Kimchi, Kefir und Kombucha sind reich an lebenden Mikroorganismen, die das Mikrobiom stärken. Eine aktuelle Studie von Sonnenburg und Gardner zeigt, dass der tägliche Konsum fermentierter Lebensmittel nicht nur die Diversität der Darmbakterien erhöht, sondern auch Entzündungsmarker im Körper senkt. Interessanterweise bringen größere Mengen keine zusätzlichen Vorteile – entscheidend ist die Regelmäßigkeit. 

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Fermentation
Fermentierte Lebensmittel, wie zum Beispiel Kombucha, stärken das Mikrobiom.

2. Prä- und Probiotika: Nahrung für das Mikrobiom

Präbiotika sind unverdauliche Ballaststoffe, die als Nahrung für gesunde Darmbakterien dienen. Sie finden sich in Lebensmitteln wie Zwiebeln, Knoblauch, Spargel und Haferflocken. Probiotika hingegen sind lebende Mikroorganismen, die dem Darm direkt hinzugefügt werden können, beispielsweise durch Nahrungsergänzungsmittel. Studien zeigen, dass insbesondere bei Dysbiosen – etwa nach einer Antibiotikabehandlung oder bei Stress – Probiotika helfen können, die Darmgesundheit wiederherzustellen​.

3. Pflanzenbasierte Ernährung: Ballaststoffe als Schlüssel

Ballaststoffe aus Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten sind essenziell für die Produktion kurzkettiger Fettsäuren wie Butyrat. Diese fördern eine gesunde Darmschleimhaut, regulieren das Immunsystem und wirken entzündungshemmend​. Auch wenn ballaststoffreiche Diäten die Mikrobiota-Diversität nicht direkt steigern, unterstützen sie dennoch die Funktion bestehender Mikroorganismen und fördern die langfristige Gesundheit.

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Fastfood
Zu vermeiden sind dagegen hochverarbeitete Lebensmittel oder solche mit besonders vielen Zusatzstoffen.

4. Verarbeitete Lebensmittel und Zusatzstoffe meiden

Lebensmittelzusätze wie Emulgatoren und künstliche Süßstoffe haben in Studien negative Effekte auf das Mikrobiom gezeigt. Sie können die Darmschleimhaut schädigen, Entzündungen fördern und die Diversität der Mikroorganismen verringern. Wer auf frische, unverarbeitete Lebensmittel setzt, gibt seinem Mikrobiom die besten Chancen, sich zu regenerieren und es gesund zu erhalten​​.

5. Vorsicht bei Süßstoffen 

Während natürliche Süßstoffe wie Stevia möglicherweise keine negativen Auswirkungen auf das Mikrobiom haben, deuten Tierstudien darauf hin, dass andere künstliche Süßstoffe das Gleichgewicht der Darmflora stören können. Es empfiehlt sich, den Konsum solcher Süßstoffe zu minimieren und auf natürliche Alternativen umzusteigen​. „Vorsicht bei Zucker und raffinierten Kohlenhydraten! Diese füttern die ‚schlechten‘ Darmbakterien und verschieben das Gleichgewicht in eine ungünstige Richtung. Kohlenhydrate sind nicht grundsätzlich schlecht. Komplexe Kohlenhydrate in der richtigen Saison sind sogar günstig“, sagt auch Eller-Berndl.

6. Kontakt mit der Natur suchen

Ein übermäßig steriles Umfeld kann die natürliche Vielfalt unseres Mikrobioms reduzieren. Mikroben aus der Umgebung – sei es durch Berührung mit Tieren, Erde oder Pflanzen – sind wichtig, um das Immunsystem zu trainieren. Es geht nicht darum, auf Hygiene zu verzichten, sondern ein gesundes Gleichgewicht zwischen Sauberkeit und natürlicher Exposition zu finden​.

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