Nein, daran gewöhne selbst er sich nie, sagt Lukas Nagl. Das Blau des Traunsees, der Blick auf den imposanten Traunstein, das Plätschern des Wassers an den unberührten Ufern: „Eigentlich bin ich jeden Morgen aufs Neue geflasht, wenn ich das alles sehe“, sagt der gebürtige Schörflinger am Badesteg des Restaurant Bootshaus.

Momente wie diese zeigen: Bis heute begreift Nagl seine Heimat als Inspiration, als Ort, an dem er seine kulinarische Neugierde ausleben kann. Dass ihm das so eindrucksvoll gelingt, ist auch dem Ehepaar Gröller zu verdanken. 2012 vertrauten die Hoteliers Monika und Wolfgang Gröller, die kulinarischen Geschicke des Bootshauses dem gerade mal 24-jährigen Lukas an. Heute, 15 Jahre später, ist das Bootshaus eines der besten Restaurants des Landes – und ohne Zweifel eines der stilprägendsten. Ein roter und ein grüner Stern im Guide Michelin, vier Hauben im Gault&Millau – die Auszeichnungen ließen sich endlos weiterführen. Das hat viele Gründe. Und alle davon kreisen um den regionalen Nachhaltigkeitsgedanken.
„Wir orientieren uns an der Natur und nicht umgekehrt.“
Fangfrische ohne Haken
Natürlich, da wäre zum einen der Fisch. Das heißt, nicht irgendeiner, sondern viele Fische – und auch da nicht irgendwelche, sondern vor allem die vom Traunsee. Österreichs viertgrößter – und tiefster! – See ist ein unerschöpflicher Quell an Biodiversität und versorgt dank kundiger Berufsfischer:innen das Bootshaus mit bis zu 30 verschiedenen Fischarten. „Wir kaufen immer den gesamten Fang, weil’s am nachhaltigsten ist und in der Küche am meisten Spaß macht“, sagt Nagl.
Was er hier aus Reinanken, Aalrutten, Forellen und Saiblingen macht, hat ihm nicht umsonst den inoffiziellen Titel als bester – und das heißt vor allem: innovativster – Fischkoch des Landes eingebracht. Das liegt auch daran, dass er alles, von der Flosse bis zur Schnauze, vom Fisch verwertet und damit die Nose-to-tail-Philosophie, die man hierzulande eher in Sachen Fleisch kennt, auf die regionalen Fische übertrug.
„Wir setzen auf Bio-Produzent:innen mit regenerativer Landwirtschaft, weil diese für eine Zukunft mit gesunden Böden stehen.“
Aber zurück zum Bootshaus: In Kombination mit japanischen Küchentechniken und Geschmacksbildern hat Nagl damit etwas Einzigartiges geschaffen, das den Regionalitätsgedanken mit einer gekonnten Prise Weltoffenheit bereichert. Die Sache ist nur die: Das Bootshaus rein auf Fischküche zu reduzieren, würde weder Nagls Handwerk noch dem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsanspruch der Gröllers gerecht. Auch, weil hier der Grundsatz herrscht, dass die kulinarische Neugierde das Abenteuer der Saisonalität braucht, um wirklich ausgelebt werden zu können.
Kreislaufwirtschaft als Spaßmacher
„Ein Korb mit dem Besten aus dem See, von den Almen und Wiesen bestimmt, was wir kochen. Wir orientieren uns an der Natur und nicht umgekehrt“, sagt Nagl. Dabei liegt der Fokus auf Bio-Produzent:innen mit regenerativer Landwirtschaft, „weil die für eine Zukunft mit gesunden Böden stehen, das war uns von Anfang an wichtig“.
Auch die Gröllers selbst betreiben eine eigene Landwirtschaft: Die Lämmer ihres Lammlieferanten Gnigler grasen auf ihren saftigen Wiesen. Außerdem wachsen auf gröllerschem Grund Obstbäume, mit deren Obst eigene Säfte und Schnäpse hergestellt werden. Und dann wäre da noch der Wein – und die Gault&Millau-Sommelière des Jahres 2025 Katharina Gnigler, die Nagls Küche mit heimischen Bio-Tropfen flankiert.
„Qualität war immer schon unser Motor – und diese Qualität sollte man überall, in jeder Ecke unserer Betriebe, fühlen und sehen können.“
Kein Wunder also, dass im Mikrokosmos der Gröllers gezielt Landwirt:innen gefördert werden, die gegen Erosion arbeiten, und die viel zitierte Kreislaufwirtschaft hier mehr als nur ein vages Buzzword ist: Im Bootshaus werden Produkte unverpackt geliefert, alle Abläufe mithilfe eines Pfandsystems optimiert, und Zero Waste ist hier der kreative Spaßmacher schlechthin.
Dazu muss man wissen: Dass dieser Nose-to-tail-Gedanke in Traunkirchen so nachhaltig ausgelebt werden kann, liegt auch daran, dass Monika und Wolfgang Gröller mit zwei 4-Sterne-Superior-Hotels (das Hotel Post am See liegt gleich nebenan) und 3 Restaurants einen gastronomischen Kosmos geschaffen haben, in dem alles von jedem Lebensmittel seinen Platz und vor allem seine Verwertung findet. Was an Gemüse, Fisch oder Getreide übrigbleibt, wird ausnahmslos weiterverarbeitet – auch in Form von Nagls regionalen Interpretationen von fernöstlichen Fermenten namens Luvi Fermente. „Die Wertschätzung des Produkts ist die Basis gelebter Nachhaltigkeit – nur braucht es dafür eben viel Kreativität“, weiß Nagl. Kurz: Echte Nachhaltigkeit kann halt nicht jede:r. Diese gelebte Nachhaltigkeit zeigt sich im Bootshaus übrigens auch außerhalb der Küche.
„Wir wollen so zukunftsorientiert und verantwortungsbewusst arbeiten wie nur möglich. Das sind wir dem kulinarischen Erbe unserer Region schuldig – und auch den zukünftigen Generationen.“
Nachhaltig über den Tellerrand hinaus
So setzt das Das Traunsee – das Hotel zum See als „Mutterhaus“ des Bootshauses auf energieeffiziente Beleuchtungssysteme, und zwar ausschließlich mit Ökostrom. Und auch auf Wärmerückgewinnung aus Kühlung und ein durchdachtes Abfallmanagement. Und dann wäre da noch die Sache mit der sozialen Verantwortung, die gar nicht so wenig mit der nachhaltigen Energieeffizienz zu tun hat, denn: Als Ganzjahresbetriebe haben alle Häuser der Familie Gröller größere Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu gestalten, als das als Saisonbetrieb möglich wäre.
Was in jedem Betrieb auffällt: das Auge für die detailreiche Ästhetik, für genauso kreative wie harmonische Farben und Formen. Diese designaffine Liebe zum Detail ist Monika Gröllers Kompetenz. „Qualität war immer schon unser Motor – und diese Qualität sollte man überall, in jeder Ecke unserer Betriebe, fühlen und sehen können“, sagt die Frau mit dem Blick fürs Besondere. „Unsere Familie hat 70 Jahre Erfahrung darin, als Gastgeber immer einen Schritt voraus zu sein“, fügt Wolfgang Gröller hinzu. „Deswegen wollen wir weiterhin so zukunftsorientiert und verantwortungsbewusst arbeiten wie nur möglich. Das sind wir dem kulinarischen Erbe unserer Region schuldig – und auch den zukünftigen Generationen.“