Eine im österreichischen Deutsch gängige Redewendung lautet „Red’ keinen Holler“, was so viel heißt wie „Erzähl’ keinen Blödsinn“. Und handelt es sich um besonders großen Blödsinn, bedient man sich gerne der Steigerungsform „Vollholler“. Der Holler, hochsprachlich Holunder, hat sich diese zweifelhafte Ehre der Herabwürdigung aber alles andere als verdient.
Was ist der Unterschied zwischen Holler und Holunder?
Ob man ihn umgangssprachlich und vertraut Holler oder korrekt hochsprachlich Holunder nennt, ist egal. Wenn man nur nicht seine zwei Saisonen versäumt: Im Frühling die sehr aromatischen Blüten, im Spätsommer die intensiv färbenden Früchte.
Wie wird Holunder angebaut?
Obwohl Hollerbuschen auf jeder Gstättn und um jeden alten Hof wachsen, wird der schwarze Holunder wegen der Beeren auch kommerziell angebaut. 80 Prozent des in Österreich angebauten Hollers stammen aus der Steiermark – und zugleich ist das ein Viertel der europäischen Produktion. Wer einen eigenen Garten hat: Profis empfehlen die österreichische Sorte Haschberg.
Welchen Holunder kann man essen?
Vom Holler oder korrekt vom schwarzen Holunder sind sowohl seine im späten Frühjahr reifenden weißen Blüten als auch seine im Hochsommer in schweren Dolden von den Sträuchern hängenden dunkelvioletten, fast schwarzen kleinen Beeren kulinarisch höchst begehrt. Während die Blüten auch roh gegessen werden können (meist aber als Sirup, Öl, Gelee oder Essig konserviert werden), müssen die Früchte gegart werden, denn sie enthalten das Glykosid Sambunigrin, das im harmlosen Fall zu Durchfall und Erbrechen, im schlimmsten Fall zu einer Vergiftung führen kann.
Wie riecht Holler?
Man braucht nur Hollerblüten zu sagen, und beinahe jedes Kind hat eine Vorstellung davon. Ihr Aroma ist fruchtig und blumig-frisch, beerig und erinnert an Maracuja, vielleicht ein ganz klein winzig moschusartig-ordinär, man könnte es auch sommerheiß-schwitzig nennen. Dieser unverwechselbare Duft ist beim Schnuppern und retronasal beim Kauen und Schlucken wahrnehmbar. Deshalb sind aus Blüten konservierte Produkte auch so beliebt, weil sie diesen Geschmack (und nicht nur den Duft) gut bewahren.
Wie macht man Holunderblütenessig?
Der duftige Hollerblütenessig gehört zu den verblüffendsten und am einfachsten herzustellenden Geheimwaffen in der Haushaltsküche. Am besten eignet sich milder weißer Balsamico mit seiner leichten Süße und relativ neutralen Frucht. Ideal für Vinaigrette für Blatt- und Gurken-Salate, aber auch für Spargel, Kohlrabi, Karotten und Erbsen.
Wie macht man Holundergelee?
Was die Quitte im späten Herbst, ist die Hollerblüte im späten Frühjahr: höchst elegante Geschmacksgeberin für ein zartes, sehr duftiges Gelee. Weil die Hollerblüte keine Frucht ist, braucht sie eine solche als Trägerin. Hochqualitativer Apfelsaft mit knackiger Frucht und Säure eignet sich perfekt dafür (die sortenreinen von Familie Wetter z. B.). Wie für einen Holunderblütensirup ziehen lassen und mit Gelierzucker zu weichem Gelee einkochen. Schmeckt besonders gut auf mürben Kipferln.
Welche Getränke kann man mit Holunder machen?
Tonic steht stellvertretend für alle erfrischenden, mit ihrem speziellen Aroma verzaubernden Getränke aus Hollerblüten, ganz egal ob mit oder ohne Alkohol. Übrigens passt Gurke ganz hervorragend zu Hollerblüten, nicht nur im Salat, sondern auch als Getränk.
Hollerkracherl kann man zwar kaufen, aber selbst gemacht schmeckt es noch besser: aus frischem, kalt angesetztem Hounderblütensirup (Hollersirup) mit Soda oder stark prickelndem Mineralwasser und vielleicht noch einem Spritzer Zitronen- oder Limettensaft. Barfuß in Klapperln, Sommersonnensprossen und Spaghettiträgerleiberl forever! Aus den Früchten kann man ähnlich wie aus Heidel-, Him- oder schwarzen Johannisbeeren auch einen Likör ansetzen.
Hollerblütensirup eignet sich ebenso zum Aromatisieren von gutem Joghurt wie Hollerröster. Besonders raffiniert wird das Frühstücksjoghurt mit knusprigem Hollerblütenzucker – hergestellt aus mit Blüten gemixtem Kristallzucker, der aufgebreitet am Blech bei niedriger Temperatur getrocknet wird.
Holler wurde ein klein wenig zum In-Geschmack der letzten Jahre, was sich auch in Bars und kommerziellen Drinks widerspiegelt. Es gibt aber definitiv schlimmere Trend-Getränke als Holler-Spritz, Shrubs mit Gurke und Holunder oder Gin mit Holler-Tonic.
Kann man aus Holunder Öl herstellen?
Die Idee, aus allen möglichen Kräutern und Blüten ölige Auszüge zu gewinnen, kommt aus der Spitzengastronomie. Hollerblütenöl zählt zu den verblüffendsten Darreichungsformen dieser so vertrauten Pflanze. Es wird nicht zum Braten oder Garen, sondern zum Abschmecken und Marinieren verwendet. Es hat dann seinen großen Einsatz in z. B. Gemüse- und Fischgerichten, wenn man weder die Süße von Sirup noch die Säure von Essig, aber doch das intensive Holleraroma möchte.
Wie sammelt man Hollerblüten?
Wer Hollerblüten sammelt, sollte große Papiersackerln mit stabilem Boden und eine Schere (egal ob Garten- oder Küchenschere) mitnehmen. Mit der Schere lassen sich auch etwas weiter oben hängende Dolden gut abzwicken und im Sackerl werden sie luftig heimtransportiert. Unbedingt noch am selben Tag verarbeiten.
Wann ist der Holler reif?
Ab Ende Mai beginnt die Saison unüberriechbar und geht je nach Höhenlage bis in den Juli hinein. Die Nasenspitze ist ein guter Indikator für die Reife von Hollerblüten. Denn erstens sollte man beim Sammeln an jeder einzelnen Dolde riechen (denn nicht jeder Hollerstrauch hat stark duftende Blüten und nicht jede Hollerblütendolde ist gleich intensiv) und zweitens bedeutet reichlich Blütenstaub auf der Nasenspitze, dass der Sammelzeitpunkt gut gewählt ist: nur an trockenen, warmen Tagen am späten Vormittag/gegen Mittag, niemals an Regentagen oder den ersten Tagen danach.
Ist unreifer Holler giftig?
Unreif sollte man die Früchte des Holunders nicht verwenden, denn sie enthalten besonders viel vom giftigen Sambunigrin. Daher gründlich aussortieren bzw. nur vollreife Dolden pflücken.
Wozu passt Hollerröster?
Während Zwetschkenröster in jedem österreichischen Supermarkt zu finden ist, war das mit dem Hollerröster lange nicht so. Er war Omas Speis vorbehalten, meist mit Apfel und/oder Birne und/ oder Zwetschken abgerundet und je nach Vorliebe leicht mit Stärke gebunden. Zum knusprigen Grieß- schmarren oder Grießschnitten ist der leicht herbe, säuerliche Hollerröster jedenfalls König. Er passt aber auch wunderbar zu Rotkraut und Wild. Für alle Hollerbeerenzubereitungen nur reife Früchte (hängen glänzend in schweren Dolden) verwenden.
Was macht man mit Holunderstrauben?
Durch Backteig gezogene und in Butterschmalz oder Öl ausgebackene, mit Staubzucker bestreute und brennheiß servierte Hollerblütendolden sind wieder öfter auf Speisekarten von Landgasthäusern zu finden. Es gibt die Hollerstrauben meist nur im Juni und sie sind bei Kennern heiß begehrt.
Was ist Victoria Sponge?
Victoria Sponge ist der traditionelle englische Sommerkuchen, bestehend aus zwei runden Kuchenböden mit Erdbeer-Marmelade und Schlagobers zusammengesetzt. Hollerblütensirup macht sich zum Tränken des Biskuits oder zum Abschmecken von frischen Erdbeeren (statt der Marmelade) ganz hervorragend in diesem einfachen, aber sehr beliebten Kuchen. Ebenso wie in leichten Cremes mit Buttermilch oder Joghurt, egal ob zwischen zwei Tortenböden oder im Dessertglas.
Wie erkennt man Echten Holunder?
Wild wächst Holler an beinahe jeder sonnigen Ecke. Verwechslungsgefahr besteht theoretisch mit dem unangenehm riechenden Attich (Zwerg-Holunder) und mit dem Roten Holunder (Trauben-Holunder). Der kulinarisch begehrte Echte Holunder ist deutlich größer, blüht weiß-gelblich, duftet intensiv und die reifen Früchte hängen in schweren dunkelvioletten Dolden nach unten.
Warum schmeckt Muskateller nach Holunder?
Das Henne-Ei-Problem dürfte in diesem Fall sehr einfach zu klären sein: Holler gab es garantiert schon vor Wein aus Muskatellertrauben. Deshalb ist die Assoziation „Hollerblüten“ in der Nase von klassisch ausgebautem steirischem Muskateller völlig berechtigt.