Beim täglichen Lebensmitteleinkauf bleibt oft unbemerkt, dass die tatsächlichen Kosten weit über den Kassenbon hinausgehen. Denn Umwelt- und Gesundheitsschäden, die durch konventionelle Landwirtschaft entstehen, werden in der Regel nicht von den Verursacher:innen getragen, sondern von der Allgemeinheit. Eine umfassende Untersuchung der zivilgesellschaftlichen Bewegung „Enkeltaugliches Österreich“ (ETÖ) zeigt: Die versteckten finanziellen Belastungen durch die gegenwärtige Form der Lebensmittelproduktion summieren sich auf bis zu 157 Milliarden Euro jährlich innerhalb der EU.

Klimaschäden, Artensterben und verschmutztes Wasser – eine teure Rechnung
Besonders problematisch ist der Einsatz energieintensiver Produktionsmethoden, etwa bei synthetischen Düngemitteln. Diese tragen massiv zu den Treibhausgasemissionen bei, was nicht nur die Umwelt, sondern auch öffentliche Haushalte stark belastet. Hinzu kommen schwer kalkulierbare Folgen durch den Rückgang der Biodiversität, Verunreinigungen von Luft und Wasser sowie die gesundheitlichen Auswirkungen von Pestiziden – all das verursacht jährlich Milliardenkosten, die bisher kaum sichtbar, aber real wirksam sind.
„Die Umfrage zeigt deutlich: Die Österreicher:innen wollen eine Landwirtschaft, die langfristig die natürliche Versorgungssicherheit unseres Landes erhält und nicht nur kurzfristig, auf Kosten der nächsten Generationen wirtschaftet. Sie sind bereit für Veränderung und erwarten entsprechendes Handeln von der Politik.“
Die gute Nachricht: Eine konsequent umgesetzte bioregionale Landwirtschaft kann nicht nur ökologische Vorteile bringen, sondern auch ökonomisch überzeugen. Laut ETÖ könnten gezielte Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt und Verbesserung der Bodenqualität in Summe zweistellige Milliardenbeträge pro Jahr einsparen – allein durch vermiedene Schäden und zusätzliche Wertschöpfung in ländlichen Regionen.
Österreichische Forscher:innen wollen genaue Zahlen liefern
Um herauszufinden, wie sich diese Zusammenhänge konkret auf Österreich übertragen lassen, erarbeitet ETÖ aktuell gemeinsam mit Wissenschaftler:innen der BOKU Wien ein Forschungsprojekt. „Unter der Leitung von Prof. Dr. Sigrid Stagl, gemeinsam mit Prof. Dr. Christian Vogl von der BOKU, wollen wir jene Zahlen und Folgen für Österreich berechnen, die noch fehlen”, erklärt ETÖ-Vorständin Barbara Holzer-Rappoldt. Ziel ist es, mit verlässlichen Daten die Grundlage für politische Entscheidungen zu schaffen.

Ein begleitend durchgeführtes Stimmungsbild unter der Bevölkerung, erstellt in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Marketagent, zeigt: Das Konzept der „Kostenwahrheit“, bei dem Produkte alle Folgekosten in ihrem Preis abbilden, ist nur einem Drittel der Österreicher:innen bekannt. Noch weniger Menschen wissen, dass die Kosten für Umweltschäden und soziale Auswirkungen oft von öffentlichen Kassen getragen werden.
Gleichzeitig ist das Umweltbewusstsein der Bevölkerung hoch: Viele erkennen die negativen Effekte der konventionellen Landwirtschaft – von Schadstoffen im Trinkwasser bis hin zur Klimaproblematik. Allerdings fehlt vielfach das Verständnis für die finanzielle Dimension dieser Auswirkungen. „Es besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Umweltbewusstsein und dem Kostenbewusstsein,” so Holzer-Rappoldt.
Mehrheit fordert bioregionale Lebensmittel in öffentlichen Einrichtungen
Trotz Wissenslücken spricht sich die große Mehrheit der Befragten für klare politische Maßnahmen aus. 84 Prozent befürworten den verstärkten Einsatz bioregionaler Lebensmittel in Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäusern. 83 Prozent wünschen sich eine gezielte staatliche Unterstützung für nachhaltige Landwirtschaft. Die Bereitschaft zur Veränderung ist also vorhanden – jetzt liegt es an der Politik, diesem Wunsch nach einer zukunftsfähigen Lebensmittelproduktion nachzukommen.
„Die Umfrage zeigt deutlich: Die Österreicher:innen wollen eine Landwirtschaft, die langfristig die natürliche Versorgungssicherheit unseres Landes erhält und nicht nur kurzfristig, auf Kosten der nächsten Generationen wirtschaftet. Sie sind bereit für Veränderung und erwarten entsprechendes Handeln von der Politik”, fasst Holzer-Rappoldt zusammen.