„Wenn ich den Weingarten so fit hinbekomme, dass die Pflanzen, die dort wachsen, glücklich sind, dann habe ich es geschafft.“
Mit diesem Gedanken beschreibt der international bekannte Wiener Winzer und respekt-BIODYN-Obmann Fritz Wieninger, was ihn im Weinbau wirklich antreibt. Nicht der Ertrag ist für ihn das Ziel, sondern gesunde, widerstandsfähige Reben auf seinen Weingütern Wieninger und Hajszan Neumann am Nussberg, die im Einklang mit ihrer Umgebung gedeihen. Die respekt-BIODYN-Winzerin Marion Ebner-Ebenauer vom Weingut Ebner-Ebenauer aus dem südländischen Weinviertel ergänzt:
„Man kann das mit der Medizin vergleichen. In der Schulmedizin werden Symptome behoben und in einer ganzheitlichen Medizin, will man die Ursache finden und möchte vorbeugend daran arbeiten, dass man gesund bleibt.“
Für sie bedeutet nachhaltiger Weinbau, die Ursachen zu verstehen – und nicht nur die Folgen zu behandeln. Eine Einstellung, die ihren Ursprung vielleicht schon fand, als sie in jungen Jahren ein 12-monatiges Praktikum bei Fritz machte. Heute ist auch sie für ihre exzellenten Weine und Sekte bekannt, die international genauso gefragt sind, wie im Inland.
Haltung
Was sehr früh im Gespräch der beiden klar wird, ist, dass nachhaltiger Weinbau für Ebner-Ebenauer und Wieninger kein Trend ist, sondern eine klare Haltung. Es geht nicht nur darum, was im Glas landet, sondern auch um den Respekt vor dem Boden, dem Wasser und den unzähligen kleinen Helfer:innen im Weingarten – Regenwürmern, Bienen und Mikroorganismen.
Im Gaumen Hoch-Podcast erzählen die Winzer:innen Host Alexandra Seyer-Gmeinbauer im Restaurant Salonplafond im Wiener MAK, warum sie auf Kompost, Kreislaufwirtschaft und Biodiversität setzen. Und warum sie bei respekt-BIODYN sind: Weil sie glauben, dass echter Charakter im Wein nur entsteht, wenn man mit der Natur arbeitet – nicht gegen sie.
Was macht einen Wein nachhaltig?
Nachhaltigkeit im Weinbau bedeutet, dass alle Schritte vom Weingarten bis zur Flasche möglichst umweltfreundlich, wirtschaftlich tragfähig und sozial verantwortlich ablaufen. Ein zentraler Punkt dabei ist die Anbaumethode, also die Art und Weise, wie die Trauben wachsen und gedeihen. Diese zeigen klar auf, wie unterschiedlich der Weg vom Weingarten ins Glas sein kann:
- Konventionell: Erlaubt Kunstdünger, chemisch-synthetische Pestizide und systemische Pflanzenschutzmittel. Ziel ist meist Ertragsmaximierung und Arbeitseffizienz.
- Bio (EU-Bio): Verbietet chemisch-synthetische Mittel und Gentechnik. Erlaubt sind natürliche Pflanzenschutzmittel und organische Düngung. Ziel ist Umwelt- und Verbraucherschutz.
- Biodynamisch: Geht über Bio hinaus. Der Betrieb wird als lebendiger Organismus betrachtet, Kreislaufwirtschaft und Artenvielfalt sind Pflicht, es werden spezielle Präparate eingesetzt, oft wird nach Mondphasen gearbeitet.
Vergleich der wichtigsten Anbauweisen im Weinbau
Kriterium | Konventionell | Bio (EU-Bio) | Biodynamisch |
---|---|---|---|
Chemisch-synthetische Pestizide/Dünger | Erlaubt | Verboten | Verboten |
Kunstdünger | Erlaubt | Verboten | Verboten |
Kreislaufwirtschaft | Kein Fokus | Empfohlen | Zentrales Prinzip |
Biodynamische Präparate | Nein | Nein | Pflicht (z.B. Hornmist) |
Kosmischer Kalender | Keine Rolle | Keine Rolle | Häufig berücksichtigt |
Zertifizierung | Keine/konventionell | EU-Bio, staatlich | Demeter, respekt-BIODYN |
Besonderheit | Ertragsmaximierung | Umwelt- & Gesundheitsschutz | Ganzheitlicher Hoforganismus |
Warum Biodynamie?
Biodynamie ist eine der ältesten Formen nachhaltiger Landwirtschaft. Sie wurde in den 1920er Jahren von Rudolf Steiner entwickelt und betrachtet den gesamten Betrieb als lebendigen Organismus. Ziel ist es, Boden, Pflanzen, Tiere und Menschen in einem harmonischen Kreislauf miteinander zu verbinden. Dazu gehören Kompost, spezielle biodynamische Präparate und oft auch die Arbeit nach den Rhythmen des Mondes und der Natur.
Marion Ebner-Ebenauer und Fritz Wieninger haben sich bewusst für diesen Weg entschieden, weil sie überzeugt sind, dass nur im Einklang mit der Natur echte Qualität und Charakter im Wein entstehen können. Beide sind Mitglieder von respekt-BIODYN, einem Zusammenschluss führender biodynamischer Weingüter, weil sie dort den offenen Austausch und die Weiterentwicklung schätzen. Als Obmann des Verbands bringt es Wieninger auf den Punkt:
„Durch Bio oder Biodynamie kriege ich einen vielschichtigeren Wein. Er ist nicht so hohl und oberflächlich wie sehr technisch produzierte Weine und das ist auch mehr wert.“
respekt-BIODYN: Ein Verband biodynamisch wirtschaftender Top-Weingüter mit besonders strengen, auf Weinbau zugeschnittenen Regeln. Austausch, Weiterentwicklung und die individuelle Handschrift jedes Weinguts stehen im Mittelpunkt. Nur zertifizierte Weine dürfen das respekt-BIODYN-Logo tragen.
3 Merkmale der Biodynamie
- Respekt und Verantwortung. Biodynamie ist mehr als eine Methode, sie ist eine Haltung. Es geht um den Respekt vor dem Boden, dem Wasser und allen Lebewesen im Weingarten.
- Kreislaufwirtschaft und Kompost als Herzstück. Im biodynamischen Weinbau wird alles, was im Weingarten anfällt – von Traubentresten bis Schnittgut – wiederverwertet. Kompost steht dabei im Mittelpunkt, denn fördert die Bodengesundheit und die natürliche Fruchtbarkeit. Fritz Wieninger:„Wenn wir Kompost ausbringen, füttern wir nicht die Rebe direkt, sondern die Mikroorganismen im Boden. Die sorgen dann dafür, dass die Rebe alles bekommt, was sie braucht.“
- Artenvielfalt und natürliche Balance. Biodynamie bedeutet, den Weingarten als lebendigen Organismus zu begreifen. Es geht darum, die Artenvielfalt zu fördern und ein Gleichgewicht zwischen Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen herzustellen. Marion Ebner-Ebenauer: „Das tierische Leben kommt so schnell zurück, wenn man dem Boden etwas gibt.“
„Letztes Jahr hat es im September 300 Millimeter geregnet – unser Boden hat das einfach inhaliert. Beim konventionell arbeitenden Nachbarn stand das Wasser. Das war für mich ein Schlüsselmoment für Bio.“
Achte beim Weinkauf auf Herkunft, Bio- oder Biodynamie-Zertifizierung und frage bei Lieblingswinzer:innen nach Kompost und Kreislaufwirtschaft. Charakter im Glas beginnt im Boden – und mit der Haltung der Menschen dahinter.
Wein als Statement für die Zukunft
Der Aufwand lohnt sich – nicht nur ökologisch, sondern auch geschmacklich. „Die Weine haben sich verändert und aus meiner Sicht verbessert“, sagt Wieninger. Kompost und lebendige Böden sorgen für frühere Reife, mehr Ausdruck und Charakter im Wein. Biodynamischer Weinbau verlangt zwar mehr Handarbeit, Know-how und Geduld – aber er bringt Weine hervor, die Herkunft und Jahrgang unverfälscht widerspiegeln.
Am Ende des Podcast-Gesprächs klingt ein Gedanke besonders nach, den Fritz Wieninger formuliert:
„Die Natur braucht uns Menschen nicht, aber wir wollen ja was von ihr. Deshalb ist Respekt so wichtig.“
Vielleicht ist es genau dieser Respekt, der bleibt, wenn der Hype vergeht: Die Verantwortung für das, was uns anvertraut ist – und die Lust, mit jedem Jahrgang ein Stück Natur zu bewahren, statt sie zu verbrauchen.
Foodpairing-Highlight: Burger & Wein (aus dem Podcast)
Serviert wird ein Bio-Angus-Burger mit selbstgebackenem Brioche, Zwiebelmarmelade, Senf-Gurken-Mayonnaise und Coleslaw serviert. Das Fleisch stammt von der eigenen Bio-Angus-Herde des Wiener Salonplafond, das Brot aus selbst angebautem Weizen. Dazu gibt es Bio-Pommes.
Weinbegleitung
- Wieninger Wiener Gemischter Satz Ried Rosengart 2023 – ein kräftiger Weißwein aus fünf alten Rebsorten, im großen Holzfass ausgebaut. „Ein etwas kräftigerer Gemischter Satz, wo ich mir denke, der kann mit einem Burger ruhig um die Wette den Gaumen kitzeln“, beschreibt ihn Wieninger im Gaumen Hoch-Podcast.
- Ebner-Ebenauer Blanc de Noirs Vintage 2016 – ein gereifter Schaumwein aus Pinot Noir: „Wir haben 2006 begonnen, Schaumwein zu machen – heute liegt er 14 Jahre auf der Hefe“, sagt Ebner-Ebenauer.
Beide Weine spiegeln die Philosophie der Winzer:innen: authentisch, charaktervoll und geprägt vom Boden.