Auch in Restaurants variieren die Preise für das traditionelle Martinigansl stark. Doch welcher Preis ist wirklich gerechtfertigt? Dazu muss man zunächst wissen: Ein Großteil der Gansln – laut Statistik Austria waren es 2023 72 Prozent – wird importiert, der Großteil aus Ungarn oder Polen. Die Importe sind 2023 im Vergleich zum Vorjahr sogar um 30 Prozent gestiegen (+43 % Importe aus Ungarn, +5,1 % Importe aus Polen, −44 % Importe aus Deutschland).
Das Leid hinter dem Billigfleisch
„Gänse aus Ungarn oder Polen sind natürlich deutlich billiger als österreichische“, sagt Vier Pfoten-Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck. Denn was in der EU und somit auch in Österreich verboten ist, wird hier dennoch praktiziert: Lebendrupf und Stopfmast.

Lebendrupf bedeutet, dass Gänsen im Alter von wenigen Wochen Federn und Daunen ausgerissen werden, um diese z.B. an die Hersteller:innen von Federbetten zu verkaufen. In den folgenden Wochen wächst das Federkleid nach und wird erneut gewinnbringend gerupft. Bei der Stopfmast werden Gänse mehrfach am Tag mit einem Schlauch zwangsernährt, sodass ihre Lebern verfetten und zu der französischen Delikatesse Foie Gras verarbeitet werden können. Die Leber wird nach der Schlachtung entfernt und für einen lukrativen Preis verkauft, während der Rest der Gans seinen üblichen Weg in den Vertrieb nimmt.
Kennzeichnungspflicht? Fehlanzeige!
Leider gibt es bis heute kein Gesetz, das eine Kennzeichnung für Lebendrupf und Stopfmast vorschreibt. Zwar können die Hersteller:innen sich dazu entscheiden, solche Kennzeichnungen durch Siegel oder Mitgliedschaften in Tierschutzorganisationen freiwillig vorzunehmen, doch dabei verliert man schnell den Überblick. Wer auf Nummer sicher gehen will, kauft lieber eine heimische Gans, am besten aus bio-zertifizierter Aufzucht.
Warum Bio-Gänsefleisch (zu Recht) seinen Preis hat
Hierzulande sind beide Praktiken verboten. Steht bei der Herkunft des Supermarktgansls Österreich auf dem Etikett , kann man sich darauf verlassen, dass diese Qualzuchtmethoden nicht angewandt wurden. Dennoch gibt es auch bei heimischem Gänsefleisch große preisliche und qualitative Unterschiede.
Für Gänsefleisch aus heimischer konventionellen Haltung fand Gaumen Hoch zum Recherchezeitpunkt in Supermärkten Kilopreise von 10 bis 15 Euro und für Bio-Fleisch ab 18 Euro aufwärts. Bio-Fleisch erkennt man am EU-Bio-Siegel (grün mit einem Umriss eines Blatts aus weißen Sternen) auf der Verpackung. Das bedeutet strenge Richtlinien für die Haltung der Gänse. Beispielsweise ist die Maximalgröße einer Gänseherde genau festgeschrieben. Außerdem muss den Tieren tagsüber ein uneingeschränkt nutzbarer Auslaufbereich von vorgeschriebener Mindestgröße zugänglich sein. Hinzu kommen die Einrichtung von Scharrflächen, ein natürlicher Tag-Nacht-Rhythmus, der auch beim Einsatz von künstlicher Beleuchtung eingehalten werden muss, und der permanente Zugang zu Wasser, denn Gänse gehören zur Gruppe der Wassergeflügel.
„Solange die Gänse bei uns auf dem Hof sind, sollen sie es gut haben.“
Stefan Schlegel widmet sich seit 2003 auf seinem Hof im Waldviertel der Aufzucht von bio-zertifizierten Weidegänsen, hier zahlt man zwischen 21 und 23 Euro pro Kilogramm (einschließlich Verpackung und Zustellung). Tierwohl steht für den Landwirt an erster Stelle: „Zu sagen, dass die Gansl für uns zur Familie gehören, wäre wohl etwas übertrieben, aber es fühlt sich schon manchmal so an. Natürlich produzieren wir mit dem Wissen, dass sie auch irgendwann konsumiert werden, aber solange sie bei uns auf dem Hof sind, sollen sie es gut haben.“ Auf seinem Biohof Schlegel bleiben sie acht Wochen länger als eine ungarische Mastgans: „Die lebt in etwa 12 Wochen, bei uns sind es 20 Wochen“, sagt Schlegel. In dieser Zeit können die Tiere bei bestem Futter auf gesunde Weise zulegen. „Unsere Tiere bekommen größtenteils Getreidefutter aus eigenem Anbau und Bio-Soja aus der Region. In der Zeit, die sie auf der Weide verbringen, füttern wir nur noch ganz wenig zu, da können sie dann alles fressen, was die Weide ihnen bietet.“
Im Restaurant: Herkunft erfragen
„Da bin ich ganz ehrlich: Mir persönlich ist das Mastgans-Fleisch viel zu weich und faserig. Das sehen zum Glück auch viele unserer Gäste so.“
Das macht sich auch bei der Qualität des Fleischs bemerkbar: „Den größten Unterschied spürt man eigentlich an der Festigkeit des Fleisches“, sagt Gastronom Werner Tschiedel vom Gasthaus Ziegelwerk in Wimpassing an der Leitha. „Durch das Kraftfutter, mit dem die Mastgänse aufgezogen werden, bekommt ihr Fleisch eine sehr weiche Textur. Bio-Gansl werden ganz anders gefüttert und haben auch viel mehr Auslauf als die Mastgänse. Das wirkt sich dann eben auf die Muskulatur aus, wodurch ihr Fleisch deutlich fester wird. Das führt zwar im Restaurant hin und wieder mal zu Diskussionen, gerade mit älteren Gästen, aber, da bin ich ganz ehrlich, mir persönlich ist das Mastgans-Fleisch viel zu weich und faserig. Das sehen zum Glück auch viele unserer Gäste so.“
Keine Klarheit in der Gastro
Wie schon im Handel gibt es auch in der Gastronomie keine Kennzeichnungspflichten. Woher die Gastronominnen und Gastronomen ihre Gansln beziehen und unter welchen Bedingungen diese aufgewachsen sind, muss nicht in der Speisekarte vermerkt werden. Wer es trotzdem wissen möchte, sollte entweder das Gespräch suchen oder direkt in ein Restaurant gehen, das seine Lieferantinnen und Lieferanten transparent macht.
„Unsere Gansln kommen nur in Bio-Qualität auf die Teller.”
Im Traditionswirtshaus Pichlmaiers zum Herkner wird zu Martini ein 4-Gänge-Menü mit Bio-Gänsefleisch um 70 Euro pro Person serviert: „Für uns zählt immer das Beste für unsere Gäste und da ist es für uns selbstverständlich, dass unsere Gansln nur in Bio-Qualität auf die Teller kommen. Wir haben das Gaumen Hoch-Siegel an der Tür hängen und das verpflichtet – gerade beim Fleisch.“
Fazit: Beim Ganslfleisch sollte man unbedingt zur heimischen Qualitätsware in Bio-Qualität und nicht zum vermeintlichen Schnäppchen greifen, um mit „gans gutem Gewissen“ ein Festmahl zu genießen. Bei Besuchen in Restaurants stets nachfragen, woher das Fleisch kommt und unter welchen Bedingungen das Tier gehalten wurde.