5 Gemüseraritäten im Februar

Die Kälte lässt manche Gemüsearten zur Hochform auflaufen. Diese Fünf sorgen für Vielfalt auf dem Teller und schmecken verdammt gut.
von Nick Pulina
Palmkohl Dazzling Blue
© Clarence Gärten

Es ist kalt in Österreich. Über Bäumen, Sträuchern und Feldern liegt hier ein zartes Weiß, dort eine dicke Schneedecke, der Frost dringt tief in die Böden ein. Was für viele Gemüsesorten den sicheren Tod bedeuten würde, lässt einige von ihnen erst richtig gedeihen. Hier sind fünf Gemüseraritäten, die gerade bei diesen Temperaturen besser schmecken denn je.

1. Palmkohl Dazzling Blue

Wenn wir an italienisches Essen denken, kommen den meisten wohl zuerst Pizza und Pasta in den Sinn, vielleicht noch einige Antipasti und das eine oder andere Fisch- und Fleischgericht. Dass Italien und besonders die Region Toskana allerdings regelrechte Kohl-Hochburgen sind, wissen nur die wenigsten. Dabei stammen zahlreiche spannende Kohlsorten aus dem Norden Italiens, wo sie bis heute auch noch angebaut werden. Ein Beispiel dafür ist der Palmkohl, auch Schwarzkohl genannt, der dort im 18. Jahrhundert gezüchtet wurde. Eine besondere Sorte des Palmkohls, den sogenannten ‚Dazzling Blue‘, baut auch Clara Heinrich in ihrer der Marktgärtnerei Clarence Gärten im Burgenland an. 

© Clarence Gärten
Palmkohl Dazzling Blue
Der „Dazzling Blue” ist fast zu schön zum Essen – aber nur fast.

Das Gemüse besticht, wie der Name schon sagt, durch die Färbung seiner Stängel. Sie sind zwar nicht blau, dafür aber leuchtend violett und bilden so einen intensiven Kontrast zu den dunkelgrünen Blättern. „Im Grunde genommen ist der Dazzling Blue nicht groß anders als herkömmlicher Palmkohl, er hat aber eben eine schönere Farbe“, sagt Clara Heinrich. „Das heißt, man kann ihn genauso verwenden wie Palmkohl. Mit Blick auf seine Herkunft bietet es sich natürlich an, ihn als Einlage in eine toskanische Ribollita zu geben.“ 

2. Radicchio di Treviso Tardivo

Radicchio ist – neben Kohl – das Gemüse der Stunde! Kein anderes Gemüse zeigt in dieser kalten Jahreszeit so viele verschiedene Facetten wie diese bittersüßen und zumeist überaus farbintensiven Salate, die ebenfalls aus Italien stammen. Besonders spannend wird es, wenn bestimmte Sorten des Radicchios mit Bodenfrösten in Kontakt kommen. Dabei kann Einmaliges entstehen. So zum Beispiel beim Radicchio di Treviso Tardivo, den Robert Brodnjak in seinem Krautwerk im niederösterreichischen Großmugl anbaut.

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Radicchio Rossa di Treviso Svelta spät
Bitter macht lustig: Radicchio di Treviso Tardivo ist eine rare Schönheit.

Dass ‚Tardivo‘ übersetzt so viel wie ‚spät‘ bedeutet, zeigt die Besonderheit dieser Sorte. Wird der Treviso nämlich nicht sofort mit Eintreten der Reife geerntet, sondern so lange im Beet stehengelassen, bis er zweimal mit Frost in Kontakt gekommen ist, kringeln sich seine Blätter ein und geben dem Salatkopf eher eine fingerähnliche Optik. Durch die Fröste beginnt der Radicchio, Zucker einzulagern, um sich damit vor der Kälte zu schützen. Das wiederum verstärkt sein Aroma ungemein. Als Beigabe zu einer Pasta kurz durch Olivenöl geschwenkt oder auch pur als Teil eines gemischten Salates ist der Radicchio di Treviso Tardivo ein echter Genuss und tut dank der enthaltenen Bitterstoffe auch noch einiges für unsere Darmgesundheit.

3. Lila Grünkohl

© Clarence Gärten
Lila Grünkohl

Die auch ‚Rosco‘ genannte Unterart des herkömmlichen Grünkohls ist erneut eine solche Sorte, die zwar aromatisch gesehen keine großen Abweichungen gegenüber ihrer Ursprungspflanze hat, die dafür aber umso mehr durch ihre Optik besticht. Wie der Name schon sagt, sind die Blätter dieser Grünkohlsorte von leuchtendem Violett bis Pink gezeichnet. Vor allem die Stängel erstrahlen förmlich im Beet. Anders als beim Palmkohl Dazzling Blue breitet sich die Färbung beim Lila Grünkohl allerdings sogar auf die Blätter des Kohls aus, vor allem auf deren krause Ränder. Dadurch, dass diese noch krauser ausfallen als bei herkömmlichem Grünkohl, eignet sich der Rosco prima als Teil eines herzhaften Wokgemüses oder einer nicht allzu cremigen Pastasoße. Durch die große Oberfläche der Blätter bleibt nämlich besonders viel Soße an ihnen haften. Alternativ, so ein Tipp von Clara Heinrich, die diese Sorte ebenfalls im Anbau hat, eignen sich die Blätter des Lila Grünkohls sehr gut dafür, sie zu trocknen und zu knusprigen Chips zu verarbeiten, die dann als Topping für eine Vielzahl unterschiedlicher Gerichte verwendet werden können. „Besonders hübsch sieht es natürlich aus, wenn man dafür grüne und lilafarbene Grünkohlblätter mischt“, ergänzt sie noch.


4. Zuckerkarotten

Zuckererbsen sind bekannt, auch Zuckermais kommt bei vielen regelmäßig auf den Teller. Aber Zuckerkarotten? Wahrscheinlich eher weniger. Das ist schade, meint auch Paul Reiner, der das seltene Gemüse in seinem Betrieb ‚Reiners Erdbeeren und Gemüse‘ im burgenländischen Frauenkirchen anbaut. Dabei handelt es sich nicht einmal um eine besondere, eigenständige Karottensorte. Der Schlüssel ist, ähnlich wie beim Radicchio de Treviso Tardivo, im Anbau zu finden: „Um Zuckerkarotten ernten zu können, haben wir im Juni, also vergleichsweise spät, im Freiland Karotten angebaut und sie seither in der Erde stehen lassen“, sagt Reiner.

© Reiners Gemüse und Erdbeeren
Zuckerkarotten
Zuckerkarotten schmecken am besten, wenn man sie frisch aus der Erde zieht.

„Man könnte sie ausgraben und einlagern, aber wir haben sie bewusst im Feld belassen, wo sie nun durch den Frost angefangen haben, Zuckermoleküle einzulagern. Die fungieren als Frostschutz für die Pflanze und führen dazu, dass die Karotten einen extrem süßen Geschmack entwickeln. Jetzt ist die beste Zeit, um Karotten zu ernten und zu essen; in so einer hohen Qualität bekommt man sie das ganze Jahr über nicht wieder.“ Dementsprechend ist es sinnvoll, den Zuckerkarotten in der Zubereitung viel Raum zu geben, damit ihr Aroma auch zur Geltung kommen kann. Kurz blanchiert als frischer Salat, in dünne Streifen gehobelt und mit etwas Essig eingelegt als Pickles oder weichgekocht und mit reichlich Sauerrahmbutter püriert bringen die Zuckerkarotten viel Freude auf den Tisch.

5. Portugiesischer Rippenkohl

© Clarence Gärten

Wenn ein Produkt in einem Kulturkreis ein solches Standing genießt, dass es zum Hauptbestandteil eines seiner Nationalgerichte gekürt wird, dann verdient dieses Produkt besondere Aufmerksamkeit. So ist es zum Beispiel beim Portugiesischen Rippenkohl, auch Couve Galega genannt, den Clara Heinrich auf ihren Feldern stehen hat: „In Portugal benutzt man ihn besonders als Einlage im Nationalgericht Caldo Verde, einem reichhaltigen Eintopf mit Kartoffeln und Chorizo bzw. Räuchertofu. Ich mag den Rippenkohl aber auch besonders gern, weil er so tolle, riesengroße Blätter hat.

Die kann man natürlich als Streifen in eine Suppe geben, man kann damit aber auch sehr gut Dinge einwickeln. Aromatisch gesehen ist er am ehesten vergleichbar mit Grünkohl, schmeckt allerdings etwas ‚kohliger‘, vielleicht etwas in Richtung Kohlrabi. Dadurch, dass er so dicke Rippen und frostbeständige Blätter hat, ist er viel frosthärter als draufsteht. Eigentlich kann man ihn auch im tiefsten Winter immer noch gut ernten.“

Als Ummantelung für eine feine Fischfarce taugt der Rippenkohl ebenso gut wie als Bestandteil eines deftigen Auflaufs mit Lammfaschiertem und Speck oder als Beigabe zu einem gesunden, frischen Smoothie. Denn wie andere Blattkohlsorten auch enthält der Couve Galega eine gehörige Menge an Vitamin C, die bei zu starkem Erhitzen verlorengeht. 

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