Ein kleines, dreieckiges Grundstück mitten im Marchfeld, nordwestlich von Wien, auf halbem Weg zwischen Markgrafneusiedl und Obersiebenbrunn, der Windpark Obersiebenbrunn dreht daneben gemächlich seine Runden: „Das ist meine grüne Insel“, sagt Armin Aschenbrenner, und freut sich ganz offensichtlich.

Einen Hektar Ackerfläche bewirtschaftet der junge Gänserndorfer hier, zwischen Landstraßen und Windschutzhecken, zwischen beinhart industriellem Ackerbau und immerhin einem Demeter-Vorzeigebetrieb.
Auf verschlungenen Wegen
Wo er sich in diesem Mischmasch selbst zuhause fühlt, ist keine Frage: Aschenbrenner hat Bio-Landwirtschaft und Nachhaltigkeit gewissermaßen im Blut, er ist in der Ökosiedlung Gärtnerhof in Gänserndorf aufgewachsen, einem der ersten ökologischen Wohnprojekte, die es in Österreich überhaupt gab.
Gleich gegenüber lag der namensstiftende Gärtnerhof, aus dem später Peter Laßnigs GeLa Ochsenherz werden sollte. Und ebendort hat sich der junge Armin auch schon als Jugendlicher in den biologischen, nachhaltigen Gartenbau verschossen – und irgendwann beschlossen, selbst so einen Garten anzulegen.

Der Weg dahin war nicht unbedingt steinig, aber auch nicht ganz gerade. Aschenbrenner hat einiges ausprobiert, war zunächst Mitarbeiter am Gärtnerhof Ochsenherz, dann Lehrling im Botanischen Garten der Universität Wien, später beim Gärtnerhof Distelfink und bei der Bio-Bäuerin Monika Mühr tätig. Schon 2018 hat er begonnen, auf einem brachliegenden Acker des Ochsenherz-Hofs sein eigenes Gemüse anzubauen – und schließlich ist daraus seine eigene Solidarische Landwirtschaft Waldgarten geworden.
Ein Fleckerl Land
Das Grundprinzip der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi): Die Mitglieder zahlen einen fixen monatlichen Beitrag und erhalten dafür regelmäßig Ernteanteile (sprich: Gemüsekisterl) geliefert. Mit diesem Grundkapital kann der Landwirt planen und wirtschaften und ist auch gegen Ernteausfälle oder andere Unvorhersehbarkeiten abgesichert. Im Fall von Armin Aschenbrenners Waldgarten sind pro Saison – von Mai bis November – 144 Euro monatlich für einen ganzen Ernteanteil zu überweisen, das macht 36 Euro pro Gemüsekisterl. Zugestellt werden diese an mehrere Abholstandorte in Wien, Deutsch Wagram und Gänserndorf, der Inhalt ist von Woche zu Woche erstaunlich verschieden.
„Wenn die konventionell arbeitenden Nachbarn ihre Mittel spritzen – auch bei Wind, was nicht erlaubt ist – muss ich mich leider aufregen, weil es mir dann die Chemie in den Garten weht. Ich hab eigentlich schon mit so gut wie allen gestritten.“


Denn genau darum geht es ja beim Market Gardening, der Marktgärtnerei, der sich Armin Aschenbrenner verpflichtet fühlt: nämlich um die intensive, biodiverse Nutzung kleinster landwirtschaftlicher Flächen. Weil Marktgärtner:innen auf große Maschinen verzichten und im Grunde fast alles in Handarbeit erledigen, können sie ihr Gemüse in dichteren Pflanz- und Saatabständen anbauen und die Fruchtfolge sehr viel öfter wechseln als herkömmliche Landwirtschaften.
„Ein Waldgarten entwickelt innerhalb kürzester Zeit eine Biodiversität, auch was Insekten betrifft, die wirklich erstaunlich ist. Da fliegen dann auf einmal ganz andere, neue Tiere herum.“


Und: Sie verbringen, weil sie eben nur eine überschaubare Fläche beackern, sehr viel, sehr intensive Zeit auf ihrem Fleckerl Land. „Da kriegst du ganz hautnah mit, was passiert und was sich entwickelt. Und natürlich steh ich auch auf meinem Feld, wenn die konventionell arbeitenden Nachbarn ihre Mittel spritzen, und leider muss ich mich dann immer wieder aufregen, weil sie das auch bei Wind machen, was nicht erlaubt ist, weil es mir dann die Chemie in den Garten weht. Ich hab eigentlich schon mit so gut wie allen gestritten.“
Eine wachsende Vielfalt
Die direkte Anbindung an den eigenen Garten hat aber auch – und eigentlich vor allem – schöne Seiten: „Du kriegst ja auch all die positiven Veränderungen mit. So ein Waldgarten entwickelt innerhalb kürzester Zeit eine Biodiversität, auch was die Insekten betrifft, die wirklich erstaunlich ist. Da fliegen dann auf einmal ganz andere, neue Tiere herum.“
„Der Waldgarten ist dichter, variantenreicher, das hilft einerseits gegen Bodenerosion, aber bildet zugleich einen fruchtbaren Untergrund für die Feldpflanzen.“
Moment. Waldgarten? Ja, Waldgarten. Armin Aschenbrenner ist nicht nur Marktgärtner und SoLaWi-Genosse, sondern auch ein Pionier. Auf seinem Feld im Marchfeld entsteht gerade eine ganz neue, noch reichlich experimentelle Art von Landwirtschaft. Im Waldgarten wird das Prinzip der Marktgärtnerei gewissermaßen in die Höhe gezogen und neben und zwischen die Gemüsepflanzen werden auch Bäume, Sträucher, Stauden, Ranken und Bodendecker gepflanzt.


So wachsen die Karotten auf Armin Aschenbrenners Feld zwischen Feigenbäumen und Hopfen, Maulbeere und Artischocke, Wein und Radieschen. „Die Bäume und Stauden sind hier nicht nur Windbrecher und Schattenspender, sondern ganz wesentlich für die Vielfalt“, erklärt Aschenbrenner: „Der Waldgarten ist dichter, variantenreicher, das hilft einerseits gegen Bodenerosion, aber bildet zugleich einen fruchtbaren Untergrund für die Feldpflanzen.“
Vieles ist hier, auf diesem kleinen, dreieckigen Feld nordwestlich von Wien, noch im Entstehen, im Ausprobieren und Versuchen. Aber eines ist es längst, und das ist gut so: eine grüne Insel.
Weitere Marktgärtnereien bei Gaumen Hoch

























